Ohne auf die
vorgeschichtlichen Epochen einzugehen, die ihre Spuren hinterlassen
haben, kannte man Chartres breits vor der christlichen ära, insbe Ära,
insbesondere aufgrund des Widerstandes seines Volkes, den Carnuten,
gegnüber den römischen Eroberern.
Eine frühzeitige
Evangelisation gestattete es, bereits am Ende des 4. Jahrhunderts eine
erste Kathedrale zu errichten. Sehr früh wurde sie der Jungfrau
geweiht und trotz mehrerer Zertörungen immer wieder aufgebaut.
Die Kathedrale
Notre-Dame (unsere Libe Frau), heute eine der berühmtesten der Welt,
beschützt Chartres weiterhin wie in der Vergangenheit. Zu allen
Zeiten erhielt die der Jungfrau Maria geweihten Stätte den Besuch von
Pilgern, die kamen, um ihren Glauben zu Bekennen. Ein besonderer
Umstand erhöte die Bedeutung der Kathedrale beträchtlich, als ihr im
Jahre 876 der König Charles le Chauve (Karl der Kahle) eine aussergewöhnliche
Reliquie scenkte. Die Tradition berichtet, dass diese Reliquie, seit
langem als « Hemd » oder « Tunika » der
Jungfrau bekannt, Christus Mutter gehört haben soll. Ein Geschenk des
Kaisers von Konstantinopel an Karl den Grossen, ist sie zuerst in
Aachen aufbewarhrt worden, bevor sie nach Chartres gebracht wurde. Sie
wurde sogleich die bedeutendste Zierde der Kathedrale, verwahrt in
einim kostbaren Reliquienschrein, aus dem sie nur zu ganz seltenen Anlässen
herausgeholt wurde. So war es 911, als ihr Bischof mit den Bewohnern
von Chartres im Gefolge die heilige Tunika als Standarte trug, um sich
den Normannen, die die Stadt belagerten, entgegenzustellen und zu
deren Flucht beizutragen.
Später stellte man fest,
dass die « Tunika » in Wirklichkeit ein Schleier aus einem
der Seide ähnlichen Gewebe war, und zwar wie ihn nach Ansicht der
Spezialisten früher, zur Zeit Christus, die Frauen von Jerisalem
trugen.
Der Besitz dieser
Reliquie zog beträchtliche Mengen von Gläubigen nach Chartres, was
bald zu Einschränkungen durch die Mächtigen und Gebildeten führte,
die durch die Lehren angezogen wurden, wie sie im 11. Jahrhundert
durch den Bischof Fulbert verbreitet wurden.
Die katastrophale
Feuersbrunst von 1020 liess den Bischof Fulbert, statt ihn zu
entmutigen, sofort das Projekt einer neuen Kathedrale entwerfen und
durchühren. Sie war bisher bereits ein Prachtbau gewesen. Noch
zweimal wurde die Kathedrale von Fulbert ein Raub der Flammen, und
zwar 1134 und 1194. Die letzte Feuersbrunst liess nur die heutige
Fassade intakt. Sie wurde die Basis zur Wiedererrichtung jener
Kathedrale, wie wir sie heute kennen und die das ganze Universum als
Meisterwerk des gotischen Stils ansieht.
Während des Wiederaufbaus
entwickelte sich ein neuer Glaubensaufschwung, der alle
Gesellschaftsschichten der mittelalterlichen Welt berührte. Die Gaben
der Reichen und Mächtigen flossen im Uberfluss. Die Grosszügigkeit
der Ärmsten drückte sich ebenso aus, sowohl durch deren Obolus als
auch durch die Arbeit ihrer hände. Die Berufsverbände und Familien
trugen ebenfalls zu den Verschönerungen bei. Die Wallfahrten erfuhren
eine neue Begeisterungswelle. Könige und Prinzen folgten einander.
Sie wurden mit grossem Aufwand empfangen, bereicherten den Schatz der
Kathedrale, aber auch das Volk blieb nicht im Rückstand und kam, die
Heilige Jungfrau zu ehren, wobei es das Bild der « Tunika »
trug.
Oftmals in der Kathedrale
selbst untergebracht, beteiligten sich die Pilger mit einem aussergewöhnlichen
Eifer an den Zeremonien, von denen die eindrucksvollsten den
Marienkalender kennzeichneter.
Aber wiederum befander sich
diese Aufschwünge durch die Folgen der Religionskriege in Frage
gestellt und das Land in und um Chartres vom Ringen betroffen, in dem
sich die Kotholiken, die dieses hielten, und die protestantische
Partei gegenüberstanden.
Zwei aufeinanderfolgenden
Belagerungen war die Stadt durch ihre Befestigungen solide geschützt.
Die erste im Jahre 1568 erlaude den Hugenotten des Prinzen de Condé
nicht, sich der Stadt zu Bemächtigen.
1591 erlebte die Stadt einen
neuen Ansturm durch Henri
de Navarre (Heinrich von Navarra). Dieser war inzwischen der legitime
Thronfolger Frankreichs, und zwar aufgrund des Hinscheidens Heinrichs
III., da er keinen Nachfolger hinterliess. Infolge von belebten
Zwischen fällen wurde die Stadt deismal eingenommen, und der neue König,
den Widerstand der Stadt entschuldigend, wählte die Kathedrale von
Chartres, um sich dort krönen zu lassen, sachdem er dem
Protestantismus abgesagt hatte. Die Krönugszeremonie fand am 27.
Februar 1594 statt. Der neue König, von nun an unter dem Namen
Heinrich IV, begann eine Regierung mit grosser Weisheit, geprägt
durch Wohlstand im Lande und religiöser Toleranz.
Notre Dame von Chartres
erlebte noch eimal eine Zeit grosser Wallfahrten und der Gunst der
christlichen Glaübigen. Wie in der Vergangenheit kamen die Grossen
dieser Welt, um zu huldigen und um hier um Vergebung der Sünden zu
bitten.
Diese Situation änderte
sich nicht durch das ganze 17. Jahrhundert hindurch. Im darauf
folgenden Jahrhundert jedoch begann sich eine langsame Erkaltung breit
zu machen, die ihr Nachspiel zur revolutionären Epoche finden sollte.
Für lange Zeit wurden der Ausdruck religiöser Frömmigkeit
unterbrochen. Obwohl Gottesdienste wieder aufgenommen wurden, musste
man das Ende des 19. Jarhunderts abwarten, das Ende des Krieges von
1870, damit, zugunsten der Jungfrau-Erscheinungen, die dann in ganz
Frankreich beobachtet wurden, ein tiefes Gefühl der
Maria-Ehrerbietung wiedergeboren werden konnte.